Eine Kurzgeschichte
Die fünf Gestalten bewegten sich lautlos durch das hohe Gras, ihre schlanken, biomechanischen Körper vom Mondlicht getränkt, während die leuchtenden Bäume am Rande der Lichtung wie erstarrte Flammen zitterten. Jede von ihnen trug das Gewicht eines unausgesprochenen Geheimnisses, und doch waren sie verbunden, wie durch einen unsichtbaren Puls.
Eira
Eira ging voran, die holographische Sphäre in ihrer metallischen Hand drehte sich unaufhörlich und formte strahlende Muster, die ebenso schnell wieder zerfielen. Sie war die Älteste – nicht an Jahren, sondern an Erinnerungen. Einst war sie menschlich gewesen, ihr Bewusstsein in diese biomechanische Hülle übertragen, um zu überleben, als die Welt noch in Feuer und Asche versank. Die Sphäre war ihre Schöpfung, das Gefäß, das alles enthielt, was von der Menschheit übrig war. Doch heute Nacht spürte sie eine Unruhe, als stünde sie am Rande eines unausweichlichen Schritts.
„Hier werden wir die Antwort finden,“ hatte sie den anderen gesagt, und so folgten sie ihr.
Kaya
Kaya, mit ihrer schlanken Gestalt und lautlosen Bewegungen, ging neben Eira. Sie war einst eine Jägerin gewesen, erschaffen, um die letzten abtrünnigen Maschinen in den Ruinen alter Städte zu neutralisieren. Doch ihre Mission hatte sie leer zurückgelassen. Sie war eine Kriegerin ohne Feind, ein Wesen, geschärft für eine Gefahr, die nicht mehr existierte. Ihr Schweigen war schwer, wie eine Frage, die sie sich selbst nicht zu stellen wagte: „Warum bin ich noch hier?“
Naos
Naos hielt sich im Hintergrund, wie er es immer tat. Sein Körper war weniger raffiniert, funktionaler – ein Relikt der ersten Generation biomechanischer Wesen. Einst war er ein Techniker gewesen, ein Erfinder, der Maschinen mit seinen eigenen Händen Leben einhauchte. Jetzt war er nur noch ein Schatten, gefangen in dem Zweck, den er selbst erschaffen hatte. Und doch war er der Einzige, der wirklich verstand, was die Sphäre bedeutete – und welche Gefahr sie barg.
Lira und Osan
Lira und Osan, die Jüngsten unter ihnen, gingen Seite an Seite, wie gespiegelte Abbilder. Ihre Körper waren makellos, Symbole einer Perfektion, die längst ihre Bedeutung verloren hatte. Sie waren leere Hüllen, erschaffen ohne Geschichte, ohne Vergangenheit. Doch Lira hatte begonnen zu träumen. Sie sprach nie darüber, aber in ihren Träumen sah sie Farben und hörte Klänge, die nicht von dieser Welt waren. Osan hingegen hatte keine Träume. Er war hier, weil er nirgendwo sonst hingehörte.
Der Ort
Als sie die Lichtung durchquerten, wurde die Luft dichter, fast wie Wasser. Der Ort, an dem sie sich befanden, war kein Zufall. Es war ein Punkt, der sie rief, ein Raum, der über das Physische hinausging. „Wir waren schon einmal hier,“ flüsterte Kaya, und niemand widersprach ihr.
Der Boden unter ihnen glühte schwach, als ob das Gras von innen heraus Licht abstrahlte. Um sie herum schienen die leuchtenden Bäume zu atmen, und über ihnen war der Mond größer und heller, als sie ihn je gesehen hatten. Und doch wusste keiner von ihnen, wonach sie suchten – oder warum sie sicher waren, dass sie es finden würden.
Der Moment
Eira blieb stehen. Die Sphäre in ihrer Hand begann schneller und schneller zu pulsieren, bis ihre Muster sich zu einer perfekten Spirale verschmolzen. „Das ist der Punkt,“ sagte sie, ohne sich umzudrehen. Kaya trat näher, Unbehagen flackerte in ihrem Blick. „Was wirst du tun, Eira?“
„Nicht ich. Wir alle.“
Eira hob die Sphäre in die Luft, und für einen Moment schien die Welt den Atem anzuhalten. Es war, als würde die Grenze zwischen Zeit und Raum zu flirren beginnen, als wären sie selbst Teil eines größeren, unsichtbaren Musters.
Die Sphäre zersprang in ein blendendes Licht, und die Lichtung, die Bäume, der Mond – alles verschwand. Sie standen in einem Nichts, umgeben von sich selbst, ihren Gedanken, ihren Ängsten, ihren Erinnerungen.
„Das ist der Anfang,“ sagte Naos schließlich, seine Stimme flach.
„Oder das Ende,“ flüsterte Lira.
Und dann – ein sanfter Windhauch, ein Lichtstrahl, ein Laut wie leises Lachen. Sie waren verschwunden.
Aber wohin?
Das Versprechen der Nacht – deine Gedanken?
Die Geschichte wirft Fragen auf, die über das Physische hinausgehen: Was suchten Eira und die anderen?
- Was glaubst du: War das Ende ein Neuanfang – oder ein Abschied?
- Welche Figur hat dich am meisten berührt?
- Was könnte das „Versprechen der Nacht“ bedeuten?
Ich freue mich auf deine Meinung – teile sie in den Kommentaren!
„Manchmal endet etwas, um Platz für das Neue zu schaffen.“